Suche
Suche Menü

Pilze

Entgegen der modernen botanischen Systematik werden Pilze im Mittelalter noch als Teil des Pflanzenreiches angesehen und nicht in einem eigenen Reich (Fungi) zusammengefasst. Nach mittelalterlichem Verständnis, das auf antikes Wissen zurückgeht, wurden Pilze in drei Gruppen eingeteilt: FUNGI (→) bezeichnet alle möglichen Arten von Hutpilzen,  TUBERA (→) bezeichnet die Trüffel bzw. Pilze, die unterirdisch wachsen, und AGARICUS (→) bezeichnet diverse Baumschwämme. Generell kann für das Mittelalter festgestellt werden, dass nur Pilze, die richtige Fruchtkörper bilden, auch als solche bekannt waren. Viele mikroskopisch kleine Pilzarten sind zwar in ihrer Wirkungsweise bekannt, werden aber nicht den Pilzen zugeordnet: Hefegärung hat Brot schmackhafter gemacht, Zucker wurde zu Alkohol vergoren, Milchprodukte wurden durch Hefen und Schimmel veredelt. Der Mutterkornpilz, Auslöser für schwere Erkrankungen, ist zwar mit freiem Auge sichtbar, wurde aber ebenfalls nicht als Pilz erkannt. Natürlich sind auch andere pilzartige Pflanzenkrankheiten nicht als solche betrachtet worden, dennoch gibt es vorwissenschaftliche Bezeichnungen dafür: Mehltau, Brand, Rost, Schimmel usw.1

Antike

Soweit sie als genießbar eingestuft wurden, dienten Pilze als Nahrungsmittel, wie es Ethnologen für unterschiedliche Epochen der Menschheitsgeschichte erschließen2 und wie auch andere Quellen zeigen: Archäologische Funde belegen den Verzehr von Pilzen bereits im prähistorischen Italien.3 Die Berichte über Pilze bzw. über die Folgen ihres Verzehrs sind in schriftlicher Form seit dem 6. Jh. v. Chr. überliefert: Epicharmus (um 540-460 v. Chr.) führte Aufzeichnungen über Erstickungsanfälle als Folge von Pilzgenuss.4 Auch für die babylonische Kultur kann der Verzehr von Pilzen, die als außergewöhnliche Nahrungsmittel angesehen werden, angenommen werden.5 Der Dramatiker Euripides (um 480-406 v. Chr.) berichtet im alten Griechenland, dass eine Mutter und ihre Kinder6 an Pilzvergiftung starben; Hippokrates empfiehlt stärkende Getränke, Brechmittel und warme Bäder als Heilmittel nach dem Verzehr giftiger Pilze. Diokles von Karystos (Mitte 4. Jh. v. Chr.) weiß von Hutpilzen und Trüffeln als Nahrungsmittel: Sein Bericht ist außerdem der älteste Beleg für die Verwendung von Trüffeln.7 Allerdings sind Pilze im antiken Griechenland als Hungerkost (wie z. B. auch Eicheln) geringgeschätzt worden.8 Von Aristoteles (ca. 384-322 v. Chr.) werden Pilze mit dem Konzept der Urzeugung, dem spontanen Entstehen von Leben, in Verbindung gebracht, eine Theorie, die bis in die Moderne mit Pilzen assoziiert wird.

Theophrast (3. Jh. v. Chr.) ist der erste antike Forscher, der Pilze wissenschaftlich und sehr umfassend in mehreren Abschnitten seiner Naturgeschichte der Gewächse beschreibt9: Pilze seien demnach unvollständige Pflanzen (→), da sie weder Wurzel, Stamm, Knoten, Stachel, Ast, Zweig, Blätter, Blüten oder Früchte, noch Rinde, Mark, Fasern oder Adern haben. Damit erkennt er Pilze nicht nur als Pflanzen an, sondern er schafft auch die wissenschaftlich umfangreichste Darstellung zu dieser Thematik, die bis in die Frühe Neuzeit nicht übertroffen wird.10 Das Habitat der Pilze sei unter der Erde oder sie wüchsen aus Baumwurzeln (→) bzw. um Bäume herum, außerdem nähmen Pilze nicht den Geruch ihres Wachstumssubstrats an (→). Stiellose Pilze bezeichnet er als pezis (Boviste), hydnon benennt die Trüffel, die ob ihres vorzüglichen Geschmackes gelobt wird, und der Begriff mykes fasst die Hutpilze zusammen.11 Für letztere führt Dalby mykes italikos und mykes prininos als Belege an.12 Theophrast beschreibt auch Pilzkrankheiten an Pflanzen, allerdings ohne diese als solche zu erkennen.

Nikander von Kolophon ist im 2. Jh. v. Chr. einer der ersten Schriftsteller, der in seinem Werk Alexipharmaka Giftpflanzen und deren Antidota zusammenfasst: So sollen z. B. Pilze, die über Höhlen von Schlangen wachsen, durch ihren Standort giftig werden, außerdem nennt er Gegenmittel für Pilzvergiftungen: z. B. Rettich, Raute oder Grünspan als Brechmittel.10 Diese Informationen werden von den nachfolgenden Schriftstellern wiederholt und ergänzt.

In der römischen Antike berichtet u. a. Vergil (70-19 v. Chr.) über Getreidekrankheiten, die auf Pilzbefall schließen lassen, Asklepiades (124-60 v. Chr.) nennt Mittel gegen Pilzvergiftung, Martial (40-102) preist BOLETOS (Kaiserlinge) als Delikatesse14 und Celsus (25 v. Chr. – 50 n. Chr.) empfiehlt Pilze mit Birnenzweigen oder Olivenöl zu kochen, um sie genießbar zu machen,15 als Gegenmittel bei Pilzvergiftung nennt er die Einnahme von Seifenkraut mit Essig.16

Plinius der Ältere (ca. 23-79) sammelt mit dem Ziel der vollständigen Dokumentation in seiner Naturalis Historia im 1. Jh. n. Chr. eine bunte Mischung an Informationen aus den verschiedensten Quellen, ohne sie wertend zu hinterfragen: Pilze (XXII,XLVI,92-XXII,XLVIII,100 →) entstünden durch Gärung feuchter Erde oder der Baumwurzeln, Trüffeln (XIX,XI,33-38 →) seien eine Geschwulst der Erde, die mit dem Auftreten von Donner in Verbindung steht. Er unterscheidet nach der Farbe zumindest zwei Arten von Trüffeln, die beste stamme aus Afrika. Außerdem nennt er Namen ähnlicher Pflanzen aus Afrika und Griechenland. Plinius berichtet, dass die Trüffel verzehrt wird, diätetische Empfehlungen gibt er zu dieser Pflanze aber nicht. Der Prozess der Vermehrung von Pilzen ist Plinius nicht bekannt, er hält am Prinzip der Urzeugung fest. Darüber hinaus erkennt er Pilze nicht als pflanzliche Organismen an. Plinius lässt neben viel Volksglauben aber auch Naturbeobachtungen in seine Berichte einfließen, wenn er z. B. bei der Entstehung von Pilzen die Volva von Kaiserlingen beschreibt.17 Er bezeichnet Pilze und auch die Trüffel als sehr nahrhafte und ausgezeichnete Speisepilze. Mit SPONGEA werden ‚fleischige Pilze‛ (XIX,XXII,63 →) bezeichnet, die auf feuchten Wiesen wachsen. Im Hauptkapitel über Pilze [BOLETUS ‚Pilze allgemein‛ (XXII,XLVI, 92-XXII,XLVIII,100 →)] beschreibt Plinius nicht klar von einander unterschieden verschiedene Pilzarten (Satans-Röhrling, Fliegenpilz, Kaiserling, Baumschwämme, Wiesen-Champignon, Steinpilz), das zentrale Interesse des Autors liegt aber auf der Giftigkeit der Pilze und wie man medizinisch damit umgeht; seine Sorge gilt dabei vor allem den auf dem Markt gekauften Pilzen. Man müsse daher beim Sammeln besonders erfahren und achtsam sein und auch beim Kochen bestimmte Regeln beachten: Bernstein- oder Silbermesser sollten Gift anzeigen können; Pilze, die beim Kochen härter werden, seien giftig; dagegen könne man beim Kochen mit Natronlauge vorgehen und Pilze ganz besonders weich kochen; mit Fleisch oder Birnenstiel gekocht würden Pilze noch ungefährlicher; Abhilfe schaffe auch der Verzehr von Birnen oder eine Zubereitung mit Essig. Ganz allgemein wird aber vor dem Verzehr von Pilzen gewarnt.

Plinius bespricht als erster antiker Autor die Heilwirkungen von Pilzen: Getrocknete Steinpilze aus Bithynien wirkten in der entsprechenden Zubereitung gegen rheumatische Erkrankungen, fleischige Auswüchse am Gesäß, Sommersprossen und Flecken im Gesicht von Frauen, außerdem als Heilmittel für die Augen, bei schmutzigen Geschwüren, Ausschlägen am Kopf und bei Hundebissen (XXII,XLVI,98-99 →). Er nennt in seiner Naturkunde aber weitaus mehr Heilanwendungen, die bei Pilzvergiftungen eingesetzt werden können: Rettich (XX,XII,25 →), Schnittlauch (XX,XXI,47 →), Kohlsamen (XX,XXXIV,86 → und XX,XXXVI,95 →), Wein-Raute (XX,LI,132 →), Senf (XX, LXXXVII,236 →), Lilienwurzel (XXI,LXXIV,126 →), Saflor (XXI,LVII,184 →), Brennnesselsamen (XXII,XV,31 →), Honig (XXII,L,108 →), reiner Wein (XXIII,XXIII,43 →), Weinhefe (XXIII,XXXI,65 →), Birnen (XXIII,XLII,115 →), Birnbaumasche (XXIII, XLII,116 →), Myrtensamen (XXIII,LXXXI,159 →) und -blätter (XXIII,LXXXI,162 →), ‚perikarpon‛ (XXV,LXXXII,131 →) und Wermut (XXVII,XXVIII,49 →).

Die Baumschwämme – hier sind wohl mehrere moderne Pilzarten gemeint –, die unter dem Namen AGARICUM (z. B. XXV, LII,103 →) zusammengefasst werden, sind nicht näher bestimmbar, werden aber in unterschiedliche Arten (männlich, weiblich, aus der Gegend des Bosporos, aus Gallien) unterteilt. Der Zunderschwamm wird z. B. als Hilfsmittel beim Feuer machen genannt. Generell werden Baumschwämme aber als bewährtes und nahezu universell einsetzbares Heilmittel beschrieben, als Droge wird der zerriebene Pilz verwendet, wie Plinius es in vielen Anwendungsbeispielen von Pilzen als Einzelgabe oder als Teil zusammengesetzter Heilmittel beschreibt: bei Skorpionsstichen (XXV, LXXII, 119 →), bei Vergiftungen (XXV, LXXIX,128 →), bei Atemnot (XXVI, XIX, 33 →), bei Blutspeien (XXVI,XIX, 34 →), bei Blasenkrankheiten und gegen Blasensteine (XXVI,XLIX,78 →), als magenstärkendes Mittel (XXVI,XXVIII,32 →), bei Nierenbeschwerden (XXVI,XXII,38 →), bei Schmerzen in der Hüfte und im Rückgrat (XXVI, XXVII,42 →), als Abführmittel (XXVI,XXXIV,54 →), als Heilmittel für die Milz (XXVI, XLVIII,75 →; XXVI,XLVIII,76 →), bei Blasenkrankheiten (XXVI,LXIX,77 →), bei Harnzwang (XXVI,LVIII,89 →), als Heilmittel für die ‚breite‛ Sehne bzw. bei Schulterschmerzen (XXVI,LVIII,90 →), als Stärkungsmittel für Abgemagerte und Schwindsüchtige (XXVI,LXVIII,110 →), als verdauungsanregendes Mittel und gegen Rauschzustände (XXVI,LXIX,112 →), bei Epilepsie (XXVI,LXX,113 →), bei kaltem Fieber (XXVI,LXXI,115 →) und Fieber, das mit Schaudern verbunden ist (XXVI,LXXI,116 →), bei Wassersucht (XXVI,LXXIII,119 →), bei Gelbsucht (XXVI,LXXVI,123 →), bei Quetschungen, Verrenkungen, Fieber (XXVI,LXXXV,137 →), bei Menstruationsbeschwerden, Verkrampfung der Gebärmutter (XXVI,XC,155 →), aber auch zur Förderung der Menstruation (XXVI,XC,159 →). Insgesamt steht bei Plinius die praktische Anwendung von Pilzen im Vordergrund,18 er verfolgt keine so strikte Dreiteilung in Pilzgruppen wie Theophrast, außerdem wird die Bezeichnung FUNGUS bei ihm viel allgemeiner verwendet.19

Zeitgleich mit Plinius erstellt Dioskurides (1. Jh.) eine Sammlung der Arzneimittel seiner Zeit, die Materia medica, eine kritische Zusammenfassung der ihm zur Verfügung stehenden Literatur, in welcher er Pilze einerseits als Heilmittel beschreibt und andererseits eine Reihe von Heilmitteln bei Pilzvergiftung nennt. Disokurides unterscheidet drei Gruppen – Trüffel (TUBERA →), Hutpilze (FUNGI →) und Porlinge (AGARICUM →) –, das ist jene Einteilung, die im Mittelalter übernommen wird. Innerhalb dieser Gruppen unterscheidet er wieder zwischen essbaren und giftigen Pilzen (IV.83 →): Giftige entstünden, wie bereits bei Theophrast und Plinius angeführt, aus unterschiedlichen Einflüssen im Habitat (rostige Nägel, Fauliges, Schlupfwinkel von Schlangen, giftige Gewächse) und man erkenne sie an der schleimigen Oberfläche und daran, dass sie selbst schnell verdürben. Prinzipiell seien Pilze zwar nahrhaft aber schwer verdaulich, und so seien auch ungiftige Pilze nur in Maßen genossen gesund, denn im Überfluss konsumiert könnten sie Erstickungsanfälle oder Cholera auslösen; medizinischen Wert schreibt er den Pilzen nicht zu. Dioskurides nennt andere allgemeine Mittel bei Pilzvergiftungen als Plinius, neu sind z. B. ein emetischer Trank aus Öl, Natron bzw. Laugenbrühe, Essig mit Salz (V.125 [126] →), eine Abkochung aus Bohnenkraut oder Dost und Hühnermist mit Essig (II.98 →). Die Trüffel (II.175 →) wird nur sehr beiläufig in einigen wenigen Zeilen als Speisepilz erwähnt, bemerkenswert dagegen ist, dass sie im Kapitel der tierischen Stoffe aufscheint. Dem Lärchenschwamm (Agarikon, III.1 →) räumt Dioskurides aber sehr viel Raum ein und fasst in seiner Beschreibung kurz und prägnant eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten zusammen, womit dieser Pilz-Gruppe nun die universelle Wirkkraft zugeschrieben wird, für die sie im Mittelalter bekannt ist:

Seiner Kraft nach ist es adstringierend, erwärmend, es wirkt bei Leibschneiden und Unverdaulichkeit[*]20 , bei inneren Rupturen und Sturzverletzungen. In der Gabe von 2 Obolen wird es denen, die fieberfrei sind, mit Honigwein, den Fiebernden[*] mit Honigmeth gereicht. Auch bei Leberleiden, Asthma[*], Gelbsucht[*], Dysenterie, Milzleiden[*], Harnverhaltung, Gebärmutterleiden[*] und hässlicher (Haut-)Farbe wird es zu je 1 Drachme gegeben, ferner den Phthisikern [Tuberkulosekranken] mit süssem Wein, den Milzsüchtigen[*] mit Sauerhonig, auch den Magenkranken[*], indem es so gegessen oder getrunken wird, ohne dass ein Schlürftrunk noch dazu genommen wird, ebenso auch denen, die saures Aufstossen haben. In der Gabe von 3 Obolen mit Wasser genommen stillt es den Blutauswurf[*], wirkt ferner bei Ischias-[*], Gelenkschmerzen[*] und Epilepsie[*], wenn es mit Sauerhonig im gleichen Gewicht genommen wird. Weiterhin befördert es die Menstruation[*] und wird auch im gleichen Gewicht mit Erfolg den Frauen gegeben, welche an Aufblähen der Gebärmutter leiden[*]. Es hält die Fieberschauer[*] zurück, wenn es vor dem Eintritt gereicht wird. In Honigmeth zu 1 bis 2 Drachmen genommen reinigt es den Bauch[*]; ferner ist es in der Gabe von 1 Drachme mit Mischtrank genommen ein Gegenmittel gegen tödtliche Gifte[*], hilft auch im Gewicht von 3 Obolen mit Wein getrunken gegen Schlangenbisse und -stiche. Ueberhaupt ist es gegen alle innerlichen Leiden dienlich, wenn es mit Berücksichtigung der Wirkung und des Alters (des Patienten) gegeben wird, den Einen mit Wasser, den Anderen mit Wein, mit Sauerhonig oder mit Honigmeth. (III.1)

Wie bei Dioskurides in Ansätzen und sehr intensiv bei Plinius erkennbar ist, werden Pilze in der spätantiken römischen Küche als prestigeträchtige Lebensmittel geschätzt: In der Rezeptsammlung, die mit einiger Sicherheit dem Gourmet Marcus Gavius Apicius (um 25-42 v. Chr.) zuzuschreiben ist,21 sind zwei Kapitel den Pilzen (FUNGUS FARNEUS →, BOLETUS →: VII,15 →) und Trüffeln (TUBER →: VII,16 →) als Speisen gewidmet und bringen zu diesen Zutaten mehrere Zubereitungsvorschläge. Wie beliebt gewisse Pilzarten waren, zeigt auch, dass der BOLETUS, der Kaiserling,22 Namensspender für den pilzförmigen Kochtopf (BOLETAR)8 und das pilzförmige Gebäck (BOLETINOS ARTOS) 24 ist. Den Stellenwert des Pilzes bezeugt außerdem ein Epigramm Martials, 25 in dem genau diese Schüssel sich darüber beschwert, dass Brokkoli – eine Armenspeise – darin serviert würden. Im antiken Rom wurde sehr bewusst zwischen den einzelnen Sorten und deren Prestige unterschieden, was bei Festmählern u. a. durch die servierten Speisen zum Ausdruck kam, wie z. B. Martial in seinen Epigrammen überliefert.26

Diese lukullische Wertschätzung der Pilze wird in der uns bekannten diätetischen Literatur allerdings nicht vermittelt: Galen (ca. 129-215) behandelt in seinem Traktat zu den Nahrungsmitteln und zur Ernährung in zwei Kapiteln Trüffel und Pilze, unter letztere reiht er auch die Baumschwämme ein:27 Erstere beschreibt er als geschmackslose, schadlose und wässrig schmeckende Zutaten, die keine ausgeprägten Eigenschaften hätten und in der Küche als Geschmacksträger für das Würzen verwendet würden. Sie hätten keinen besonderen Nährwert und seien in ihrer Komplexion eher kalt. Ähnliches attestiert er auch den gewöhnlichen Pilzen, die zusätzlich giftig sein können, daher rät Galen vom Pilzgenuss ab. Ein Beispiel aus seinem Erfahrungsschatz beschreibt den Ablauf einer Pilzvergiftung:

It is generally safer not to touch the other fungi, for they have been the cause of many deaths. I know of one person who ate lots of a particular mushroom which is thought to be harmless; these mushrooms had not been properly cooked. The entrance to his bowels was constricted, felt heavy and was cramped; his respiration was difficult; he fainted; his sweat was cold. He was only just saved by dosing with whatever disperses thick juices, such as vinegar mixed with honey, on its own or with hyssop and oregano gently boiled in it. He took this from someone sprinkled with sodium carbonate, and with their help he vomited the mushrooms which he had eaten, which already were changing into phlegm that was very cold and thick.28

Viele von Galens Empfehlungen gehen auf Asklepiades zurück.29 Galen fügt dem antiken Wissensstand über Pilze inhaltlich nichts Neues hinzu, aber seine humoralpathologischen Grundsätze wirken prägend auf die Speisekultur des Mittelalters. Anthimus (um 500) lehnt in den Speiseempfehlungen, die er Theoderich dem Großen in Form eines Briefes schickt, den Verzehr von Pilzen generell ab (§ 38),30 differenziert aber geringfügig zwischen verschiedenen Sorten: „Every variety of fungus is heavy on the stomach and difficult to digest. But mushrooms [mlat. MUSSIRIONES31 →] and truffles are better than other fungi.‟32

Für das Byzantinische Reich überliefert nur die Geoponika vereinzelte Informationen zu Pilzen: BOLETUS (→) und FUNGUS (→) werden in Zusammenhang mit Pilzvergiftungen genannt, und außerdem gibt es Hinweise darauf, dass Pilze in Kulturform gezüchtet worden sein könnten!33

Deutschsprachiges Mittelalter

Arabische Literatur Für die arabische Kultur des Mittelalters34 ist bekannt, dass Pilze als Speise verwendet wurden,35 wie z. B. die schwarze und weiße Trüffel, die gleichzeitig als Aphrodisiakum galten.36 Vom medizinischen Standpunkt her seien Pilze aber wegen ihrer kalten und feuchten Eigenschaften abzulehnen, außer man trocknet sie – was auf eine bewusste Selektion der genießbaren Pilze hinausläuft – oder man kocht sie und vermischt sie mit Salz, Öl oder scharfen Gewürzen.37

Mittelalter: Deutsch-lateinische wissenschaftliche Literatur

Zur Situation des Pilzwissens im Mittelalter merken Dörfelt und Heklau sehr kritisch an:

Wie allgemein in den Naturwissenschaften, so gilt auch für das pilzkundliche Wissen, daß es nicht nur zu Stagnation, sondern teilweise auch zum Verlust, zur Verfälschung, zur Einschränkung der Klarheit antiken Wissens kam. Wirklich neue Erkenntnisse sind, wenigstens im frühen Mittelalter, unbedeutend klein und wiegen den Verfall des antiken Wissens nicht auf.38

Durch wiederholte Abschriften und Neukompilation antiker Werke verliert das überlieferte Wissen stark an Qualität. Nichtsdestotrotz waren es die Bemühungen der Mönche, die uns das antike Wissen erhalten haben, und alle mittelalterlichen Quellen belegen eindrucksvoll, dass Pilze in Medizin und Diätetik, aber auch im literarischen Schaffen der Zeit einen festen Platz hatten.

Als Vertreter der literaten Elite im Frühmittelalter hat Isidor von Sevilla (ca. 560-636) in seinem Werk Originum seu etymologiarum libri XX das Gedankengut der Antike gesammelt und im Sinne des römisch-katholischen Glaubens zusammengefasst und interpretiert.39 Besonderen Wert legt er dabei auf die Bedeutungserklärung der Namen. Im 17. Buch zur Landwirtschaft und den Pflanzen nennt er die drei aus der Antike bekannten Hauptgruppen der Pilze: AGARICUM (XVII.ix.84 →), FUNGUS (XVII.x.18 →), TUBER (XVII.x.19 →). Der Name der Trüffel ergebe sich aus ihrem Habitat unter der Erde. Die Bezeichnung ‚Pilz‛ leitet er auf zweierlei Art her, indem er sie einerseits als Brennstoff und Nahrungsmittel klassifiziert, aber andererseits auch auf deren Giftigkeit Bezug nimmt. Allein die Passage zum Baumschwamm „AGARICUM EST RADIX VITIS ALBAE‟40 gibt heute in ihrer Aussage Rätsel auf, wird aber in den mittelalterlichen Pflanzenglossaren (unreflektiert?) weitertradiert: Ein solches Beispiel ist eine Glosse in der HS Basel, DII 13: „AGARICUM RADIX VITIS ALBE ALIJ heiderwurtz ALIJ tann swum.‟41 (→)

Für das Althochdeutsche stellen vor allem die Glossare reichhaltige Quellen für den volkssprachlichen botanischen Wortschatz dar, da die pharmazeutisch-medizinische Literatur noch ausschließlich in lateinischer Sprache überliefert wird. Diese Glossen, für die nicht immer ganz eindeutig feststellbar ist, ob sie rein mechanische Schreib- oder Vokabelübungen darstellen oder ob sie doch einen praktischen Nutzen im medizinischen Alltag hatten,42 überliefern die ältesten hochdeutschen Bezeichnungen für Pilze: (→)

Mittellatein: Althochdeutsch
AGARICUS: heterich
BOLETUS: hūsesswam
BOLETUS FLANGUS FUNGUS TUBER: suam, swam, swamb
FOMES ISCA: zuntera, zuntre, zuntra, zvnder
FUNGUS: brōtswammo
FUNGUS: houbitswam
FUNGUS BOLETUS, POLETUS, BOLLETUS, BALETUS, BOLES, DEBOLETUS, VOLITUS, POLETUM, SPONGEA: būliz, puliz, bulis, bvliz, buliz, bulz
FUNGUS MALUS: tobaswam
POANTUM: bounvist, boimvist
TUBER: erdsuam erdtuhhil ertnoz
TUBER: moltswam
-: hirtzswam, hirzswam43

Bei den in den Glossen überlieferten Namen ist es also oft nicht klar und nur selten verifizierbar,44 wie sehr sie der gelebten Praxis, also dem alltäglichen Sprachgebrauch, entstammen, oder ob es sich um praxisferne Schulübersetzungen handelt: Die Zeit des Althochdeutschen ist geprägt von dieser Art der sprachlichen Unsicherheit, da im Zuge der Christianisierung und des Wissenstransfers das lateinisch formulierte Wissen an fremde Lebensumstände und auch Sprachen angepasst werden musste. Ein Wort, das wahrscheinlich unter solchen Umständen45 geprägt wurde, ist das nhd. ‚Pilz‛, das vom mlat. BOLETUS (→) / BOLITUS (→) abgeleitet als būliz, puliz, bulis, bvliz, buliz, bulz  nach Kluge vermutlich noch vor der zweiten Lautverschiebung in die dt. Sprache einging.46 ‚Schwamm‛, als andere, moderne, kollektive Bezeichnung für Pilze, bezeichnet in den frühesten dt. Belegen, den Übersetzungen der Kreuzigungsszene Christi47, allerdings den Badeschwamm, ein Tierskelett, mlat. SPONGIUM.48 In der Glossenüberlieferung wird diese Unterscheidung sehr früh durchbrochen, sodass ahd. swam (→) neben BOLETUS, FUNGUS, TUBER, (→) aber auch SPONGIA steht; besonders jene Pilznamen, die Komposita sind (vgl. oben), werden bevorzugt mit ‚-swam‛ gebildet. Die übrigen Pilznamen sind in den etymologischen Wörterbüchern unterschiedlich detailliert aufgearbeitet, viele der heute bekannten Namen können oft nur bis ins Spätmittelalter zurückverfolgt werden:49 Zumindest ‚Bovist‛ ist ein Pilzname, der aber Bereits  in den Glossen belegt zu sein scheint (POANTUM boimvist50), wenngleich Steinmeyer hier bei der Identifikation nur von der dt. Bezeichnung ausgeht, denn die lateinische Bezeichnung ist unklar.51

Generell ist die Überlieferungssituation zu Pilzen für das frühe Mittelalter dürftig: Pilze werden eigentlich nicht als ein ursprünglich germanisches Nahrungsmittel angesehen, eher als eine Speise der Slawen, da Thietmar von Merseburg über den Verzehr giftiger Pilze (im Jahre 1018) im deutsch-slawischen Grenzgebiet berichtet.52 Erst die romanische Küche der Klöster soll diese Speise im nördlichen Europa bekannt gemacht haben.53 Die frühesten schriftlichen Belege gibt es nur in den Glossen, die so auch den Verzehr von Pilzen für den angelsächsischen Raum nahe legen.54 Für ein Nahrungsmittel, das ausschließlich durch Wildsammlung gewonnen wird,55. New York: Columbia Univ. Press 1999. (= European per- spectives.) S. 265.] gibt es generell wenig schriftliche Aufzeichnungen über den Verbrauch im Umfeld herrschaftlicher oder klösterlicher Küchen, Ausnahmen sind vereinzelte Rechnungen wie z. B. jene über den Kauf von Austernseitlingen oder -pilzen im Augustiner-Chorherrenstift St. Pietro ad Aram in Neapel.56 Allgemein wird für das Mittelalter aber angenommen, dass Pilze nach Verfügbarkeit in den Verzehr gelangt sind, wenngleich in der Fachliteratur nur sehr selten einzelne Arten genannt werden.57

Den Schwerpunkt ihrer Überblicksdarstellung verankern Dörfelt und Heklau im Bereich der wissenschaftlichen Literatur. Für das Frühmittelalter sind natürlich die Klöster der kulturelle Mittelpunkt, wo Pilze nicht nur als Speisen verkocht werden – dem nhd. Wort ‚Pilz‛ wird ja der Ursprung in der mittelalterlichen Klosterküche nachgesagt –, sondern auch Wissen tradiert, konserviert und neu geschaffen wird: Aus den Texten der Hildegard von Bingen (1098-1179) wird deutlich, wie sehr alle Aspekte des Lebensumfelds, darunter natürlich auch die Medizin, in den göttlichen Schöpfungsplan eingegliedert und von Gottes Willen abhängig sind. Inhaltlich wird die mittelalterliche Medizin von der Theorie der Humoralpathologie bestimmt, nach der in Hildegards Physica die Pilze aufgrund ihrer überaus kalten und feuchten Eigenschaften als generell schlecht bewertet werden. Diese humoralpathologische Beurteilung gilt übrigens für das gesamte westeuropäische Mittelalter, ausgenommen davon sind die Baumschwämme. Trotz dieser Eigenschaften nennt Hildegard eine große Anzahl an einzelnen Pilzen, die im Buch über die Pflanzen eingeordnet sind. An Umfang und Anzahl sind Hildegards Ausführungen die ausführlichsten der mittelalterlichen Literatur: Sie widmet der Hirschtrüffel (DE Hirtzswam, Cap. 1-34 →) ein eigenes Kapitel und fasst im Kapitel über Pilze (DE FUNGIS, Cap. 1-172 →) alle anderen bekannten Pilze zusammen, wobei sie nicht wie die antiken Autoren zwischen z. B. Morcheln oder Hutpilzen unterscheidet. Im Detail bespricht sie aber nur die Baumpilze, die als Heilmittel verwendet werden können. Im Unterschied zu anderen wissenschaftlichen Texten des Mittelalters unterscheidet Sie hier eine Vielzahl von unterschiedlichen Pilzen, die nach modernen Maßstäben allerdings nur bedingt identifiziert werden können:58 Nussbaum-Pilz, Buchen-Pilz, Holunderbusch-Pilz (Judasohr, Auricularia auricula-judae (Bull.) Quél.), Weiden-Pilz (ev. Anis-Tramete, Trametes suaveolens (L.) Fr.), Birnbaum-Pilz, Espen-Pilz. Für jeden dieser Pilze beschreibt sie im Detail die möglichen Heilanwendungen.

Albertus Magnus (um 1200-1280) versucht im Hochmittelalter die Lehren des Aristoteles in das Gefüge der Scholastik einzubetten, sein De vegetabilis libri VII (→) basiert allerdings auf den pseudo-aristotelischen Schriften des Nikolaus von Damaskos. Albertus übernimmt daraus die Gliederung der Pflanzen nach Theophrast, die Pilze werden also als unvollständige Pflanzen akzeptiert, ihre Urzeugung wird nicht hinterfragt und als Grundsubstanz für ihre Entstehung werden Fäulnisstoffe angenommen. Unter den Pilzen, die Albertus beschreibt, befindet sich die Morchel:

Die besseren, die es in unserer Klimazone gibt, sind freilich die kleinen und runden Fungi in der Art einer Filzmütze, die am Anfang des Frühlings erscheinen und im Mai verschwinden, der das Ende des Frühlings darstellt. Es ist nämlich noch niemals vorgekommen, daß diese jemanden getötet haben oder auch plötzlich sehr geschädigt haben.59

Diese einprägsame Beschreibung des Pilzes ist in nahezu allen späteren Texten zur Morchel zu finden. Den Fliegenpilz beschreibt Albertus unter Angabe makroskopischer Merkmale:60

In unseren Wohngegenden findet man einen Fungus, der breit und dick ist und etwas rote Farbe auf der Oberfläche hat, in diesem Rot hat er viele emporgehobene Blasen, von denen manche zerbrochen sind und manche nicht. Dieser ist tödlich, und zwar sofort tötend, und wird Fliegen-Fungus genannt, darum weil er in Milch gepulvert Fliegen tötet.61

Allgemein werden Pilze bei Albertus aber sehr negativ beschrieben, wobei er ihre ungünstigen humoralpathologischen Eigenschaften und ihre damit verbundene Giftigkeit, die sie aus ihrem Habitat (in der Nähe von faulen Dingen, giftigen Tieren) beziehen würden, in den Mittelpunkt stell. Er wiederholt Krankheitsbilder (Atemnot, Erstickung) und prophylaktische Anwendungen (mit feuchten und trockenen Birnen kochen), die uns schon aus den antiken Texten bekannt sind.

In den meisten medizinischen Leittexten des Mittelalters werden Pilze nur marginal behandelt: Der Macer floridus, ein lateinisches Lehrgedicht des 11. Jh. in Hexametern über Medizinalpflanzen, nennt bei den Pflanzenbeschreibungen vereinzelte Anwendungsvorschläge bei Pilzvergiftung (Wermut, Lilie), wobei die Editoren unter Berücksichtigung der Übersetzungen des Ältern Deutschen Macer einschränken, dass das mlat. FUNGUS des Textes zumindest beim Wermut auch ein menschliches Krankheitsbild benennen könnte.62 Das salernitanische Circa Instans aus der Mitte des 12. Jh. überliefert ein ausführliches Kapitel zu den Baumschwämmen (AGARICUS →): Die Beschreibung des Pilzes, der vor allem in der Lombardei um die Wurzeln der Tanne wachse, verwirrt etwas, die beschriebenen humoralpathologischen Eigenschaften und Indikationen wiederholen aber Heilanwendungen, die schon Dioskurides nennt:

Agaricus ist heiß im 2. Grade, trocken im 3. […] Besonders führt sie [die weibliche Art] das Flegma ab, in zweiter Linie die Melancholie. Gegen das tägliche Fieber[*] infolge natürlichen Flegmas wird Agaricus in irgendeine Abkochung getan, die dem Fiebernden mit anderen Kräutern wie z. B. Squinantia gegeben wird. Anders: Es wird eine Reinigung der Gebärmutter[*] vorgenommen, wenn das Fieber gerade wirkt; nimm eine halbe Unze Agaricus, zwei Unzen Fenchelsaft, eine Unze Erdrauchsaft, mische dieses und gib es dem Kranken vor der Stunde, in der es ihn überfällt. Durch dieses Experiment sind viele befreit worden. Es ist gut in dieser Weise und anders. Gegen Darmleiden[*] wird der Kranke klistiert, und zwar sollen zu erst Erweichungsmittel benutzt werden und nachher dieses Klistier: Nimm eine Unze Agaricus, konfiziere mit Honig und Öl und etwas erweichendem Wasser. Es wird durch ein Klistier hinein gebracht. Gegen Dissurie[*] nimm Saxifraga und koche in gutem Wein, koliere und tue in die Kolatur eine halbe Unze Agaricus, konfiziere mit Honig und Öl und gib es dem Kranken. Gegen eine Fistel nimm geröstetes Salz, Tartarus, Agaricus und, nachdem ein feines Pulver bereitet worden ist, konfiziere mit Honig, tauche die Tenta ein und lege es auf, einen zerbrochenen Knochen zieht es aus, schlechtes Fleisch zerstört es. Ebenso: Gegen Fisteln nimm feinstes Agaricuspulver und konfiziere es mit dem Saft der Cyclame und Öl, erwärme es am Feuer und lege es mit darin eingetauchter Baumwolle auf. Gegen Hämorrhoiden nimm das vorhergenannte Pulver, nämlich von geröstetem Salz, Agaricus, Tartarus und Sennesblätter. Oder es werden Pillen bereitet und mit dem Saft vermischt, ein Aderlaß gemacht, das Pulver aufgelegt und stark gerieben, gegen den Schmerz des Hauptes infolge Überfluß von Flegma. Ein Dekokt aus Agaricus, Castoreum, Squinantia und Senna stärkt auch den Magen.[*] Oder sie bereiten Pillen und es wird mit Fenchel- oder Absinthsaft vermischt und das verrichtet dasselbe.63

Man kann erkennen, dass die Heilanwendungen teilweise mit jenen des Dioskurides übereinstimmen, aber auch, dass das Heilmittel (durch arabischen Einfluss?) bei neuen Krankheitsbildern angewandt wird. Das Circa instans (→) empfiehlt außerdem Diptam in Wermutsaft bei Pilzvergiftungen und nennt den Baumschwamm an der Esche – im Gegensatz zu Hildegard wird dieser hier aber als Heilmittel geschätzt.

Der hochdeutsche Bartholomäus, ein kompiliertes Arzneibuch eines anonymen Verfassers vom Ende des 12. Jh., ist eine in dieser Zeit beliebte, aber im Gesamtüberlieferungskontext sehr heterogene Sammlung: In den Editionen von Wardale und Tesch (→) werden daher je nach Handschrift unterschiedliche Texte überliefert: München, BSB, cgm 14851, Nr. 66 (→) und London, British Library, Additional 34304, Nr. 129 (→) beinhalten die Anwendung von Rautensamen als Heilmitel nach dem Genuss von giftigen Pilzen. Letztere (Nr. 506 →) beinhaltet auch ein Rezept gegen Beschwerden der Gebärmutter: 506.2. Ader sy neme tannen swamp, den vyndet men in der apteken, ind zo stois dat zo pulvere ind doe die dry dynck zo samene ind drynck die myt wyne ader side sy myt honnige ind esse sy dar mede. In der HS London, British Museum, Arundel 164 wird das Judasohr über die Maßen gelobt:64 Der swam an dem holder ist edeller danne golt, er ist guet zu aller slahte sichtage, der sich an dem menschen anget fur daz bluot pulvere.65 Der Admonter Bartholomäus (Admont, Stiftsbibl., Cod. 329) dagegen nennt als ein Hilfsmittel den Badeschwamm (fol. 21ra, Nr. 182 →), verzeichnet aber sonst nur ein Rezept, in dem Morcheln als Heilmittel gegen Sprenkel unter den Augen (Nr. 143 →) eingesetzt werden.

Die Leistungen Konrads von Megenberg liegen in der Veröffentlichung eines enzyklopädischen Wissensschatzes, der aufbauend auf den Arbeiten des Albertus Magnus und des Thomas von Cantimpré erstmals in der Volkssprache im sogenannten Buch der Natur veröffentlicht wird:66 Generell sind für Konrad Pilze (→) aus humoralpathologischer Sicht schädlich, genießbar seien jedoch Morcheln,67 besonders giftig seien Pfifferlinge: wan si sint dick gar vergiftig und toedleich.68 Hier scheint Konrad aus eigener Erfahrung zu sprechen, da er an diese Aussage eine Anekdote aus seiner Zeit in Wien anhängt: da ainer pfifferling az und trank med dar auf und starb zehande vor dem vazz.69 Konrad schließt das Kapitel nach der Beschreibung des Fliegenpilzes mit einem wohlmeinenden Ratschlag: nu huot dich vor in allen, daz ist mein rat.70

Die spätmittelalterlichen botanischen Frühdrucke, der Gart der Gesundheit (1485) des Johann Wonnecke von Kaub oder der anonyme Hortus sanitatis (1491), präsentieren mittelalterliches medizinisches Wissen mithilfe eines neuen Mediums. Sie erreichen damit wesentlich mehr Rezipienten und sorgen so für das Fortleben des mittelalterlichen Wissens bis weit in die Neuzeit. Der Gart beinhaltet antike und mittelalterliche Anwendungen zum Lärchenschwamm (Kap. LI →), Johann Wonnecke von Kaub orientiert sich dabei inhaltlich und strukturell am Circa instans, arbeitet aber zusätzlich Inhalte anderer Werke ein, die damit für spätere Autoren erschlossen werden: „Die Leistung dieses Kräuterbuchs war es, die mittelalterliche Phytopharmazie in die Neuzeit zu transportieren; der ,Gart der Gesundheit‛ wirkte auch auf die Väter der Botanik, wie Hieronymus Bock und David Kyber.‟71 Johann Wonnecke von Kaub verweist in seinem Text explizit auf das Circa instans und außerdem auf Matthaeus Platearius (gest. 1161) und auf den persischen Arzt Johannes Mesue (777-857).72 Neben den Pflanzennamen, der humoralpathologischen Einordnung und einer kurzen Beschreibung der Pilze werden sechs Heilanwendungen genannt: zur Reinigung vom Phlegma (flegma) und gegen Melancholie (melancholy), eintägiges Fieber (febres quotidianas), Leibschneiden (krimmen in dem lybe), Kopfschmerz (haupt wee), Harnverhalt (wer nit wol harnen mag), Geschwüre (fystel) und Hämorrhoiden (fickblatern). Die Rezepte stimmen weitgehend mit denen des Circa instans überein, nur die Anwendung gegen Kopfschmerz weicht ab: Das entsprechende Rezept aus dem Gart der Gesundheit wird im Circa instans als magenstärkendes Mittel empfohlen (vgl. oben).

Der lateinische Ortus sanitatis73 baut inhaltlich natürlich auch auf mittelalterlichem Wissen auf, orientiert sich im Aufbau aber eher am Herbarius Moguntinus und schöpft bei der Kompilation der Kräuterkapitel vor allem aus Matthäus Sylvaticus’ Arzneibuch Pandectae Medicinae und Vinzenz von Beauvais’ enzyklopädischem Speculum naturale, beides Werke hochmittelalterlicher Autoren. Der Ortus sanitatis ist mit 1073 Holzschnitten illustriert.74 Er stellt die Pilze AGARICUS, FUNGUS und TUBERA in Text und Bild vor:75 Im Kapitel zum Lärchenschwamm (viii) werden Disokurides, Plinius, Serapion der Ältere und Mesue als Autoritäten genannt und ihre Beschreibungen des Pilzes übernommen. Ein eigener Abschnitt listet eine Vielzahl an Heilanwendungen auf, die u. a. aus den Pandectae76 und der Materia medica stammen. Das Kapitel zu den Hutpilzen (cciii) referenziert bei der Beschreibung Isidor und Galen, im Rahmen der Anwendungen werden die negativen Eigenschaften der Pilze genannt und welche Heilmittel es dagegen gibt. Für die Beschreibung der Trüffel (cccclxxxiii) nennt der anonyme Verfasser eine ganze Reihe an Autoritäten: Serapion (Panedectae), Dioscurides, Plinius etc. Inhaltlich werden die aus der Antike überlieferten Fakten wiedergegeben.

Die Kräuterbücher der Renaissance – als wichtige Autoren nennen Dörfelt und Heklau Hieronymus Bock (1498–1554, Pietro Andrea Mattioli (Matthiolus, 1501-1577), Matthias de L’Obel (Lobelius, 1538-1616), Rembert Dodoens (Dodonaeus, 1516/17-1585) und Jacob Theodor (Tabernaemontanus, 1522-1590) – orientieren sich noch sehr stark an dem Wissen der antiken und mittelalterlichen Autoritäten; der religiöse Einfluss hemmt nach wie vor eine Modernisierung des naturwissenschaftlichen Denkens. Es entwickelt sich aber ein ausgeprägtes Detailinteresse, das im Bereich des Pilzwissens vor allem in der Nennung und teilweise auch Beschreibung neuer Spezies erkennbar wird.77 Diese Bestrebungen münden am Übergang zum 17. Jh. in neue Ansätze der botanischen Systematik und neue Systematisierungsweisen der Pilze.78

Mittelalter: Kochrezepttextliteratur

In den Kochrezepttexten des Mittelalters, welche die Küche der Oberschicht abbilden, spielen Pilze wohl ob ihrer diätetisch negativen Eigenschaften eine vergleichsweise untergeordnete Rolle und, wie oben schon dargestellt wurde, lässt sich ihr Verzehr aus den hauswirtschaftlichen Quellen nur marginal belegen. Aus der breiten europäischen Kochrezepttextüberlieferung geht aber nach einer kursorischen Durchsicht hervor, dass zumindest einige wenige Pilzarten verzehrt wurden: Als älteste Rezepttextsammlungen innerhalb der mittelalterlichen Kochrezepttextüberlieferung bringt der lateinische Liber de coquina (Anfang 14. Jh.) zwei Rezepte, welche die Zubereitung von ‚Bergpilzen‛ beschreiben,79 in denen die Pilze einmal mit Zwiebel und Lauch (Nr. 6.42 →) und einmal mit Speck, Zwiebel und Eiern (Nr. 6.43 →) zubereitet werden. Auch das katalanische Werk Libre de Sent Soví (um 1324) überliefert ein Rezept zur Pilzzubereitung: Gekochte und anschließend frittierte oder einfach auf den Kohlen gegrillte Pilze werden mit einer Sauce aus Zwiebel, Petersilie und Koriander, die mit weiteren Gewürzen und Essig temperiert wird, mit etwas Salz und Öl serviert.80 Im mittelenglischen Forme of Cury (Ende 14. Jh.) werden Pilze mit Lauch in einer gelben Brühe zubereitet,81 der mittelfranzösische Ménagier de Paris (Ende 14. Jh.) empfiehlt zum Verzehr junge Champignons: Diese sollen auf alle Fälle geschält und gekocht werden, bevor sie entweder in einer Pastete oder einfach auf dem Grill weiterverarbeitet werden.82 Diese Zubereitungsvorschläge gleichen sich alle darin, dass sie die nach der mittelalterlichen Humorallehre feuchten und kalten Gewächse mit warmen und trockenen Zutaten temperieren und/oder sie mit vergleichbaren Garmethoden (Kochen, Grillen) behandeln.

Ausgehend vom Korpus der mittelalterlichen Kochrezepttexte kann man für den deutschsprachigen Raum ein differenzierteres Bild zur Verwendung von Pilzen in der Küche der Oberschicht erstellen: Die Trüffel spielt in den deutschsprachigen Kochrezepttexten des Mittelalters keine Rolle. Die meisten Rezepte werden für die Verarbeitung von Morcheln überliefert. Diese können zu Mus verarbeitet (S64146 →, S63041 →),83 mit Eiersauce (S63899 →), Gebäck (S63898 →), auf einem Pfannkuchen (S63600 →) oder gebacken (S63749 →, S62954 →, S62954 →, S62952 →) serviert werden oder werden gefüllt (S64726 →) oder gefüllt und anschließend gesulzt (S65024 →, S64974 →, S63599 →). Das folgende exemplarische Rezept beschreibt die Zubereitung von gefüllten und gesulzten Morcheln:

Gesulczt maurochen / Wildu machen gesulczt maurochen, so full di maurochen mit ein guten ayrfull und stoes si schon an ein spissel und prat si schon und geuss ein gute prue dar an dy von sulcz vischen sey gemach oder sunst ein gute prue von fleisch und tu im ein gute hilff von haussenpletern oder von we es gern geste und versalcz nicht, so ist gut. (S63599: Salzburg, Universitätsbibliothek, M I 128, fol. 320r, Nr. 10)

Wie beliebt diese Pilzgattung wirklich war, zeigen aber jene Rezepte, welche die Zubereitung von falschen Morcheln beschreiben, denn es gibt dazu nicht nur ein Rezept, sondern eine ganze Reihe von verschiedenen Zubereitungsmöglichkeiten: Süße, frittierte falsche Morcheln werden aus Teig (S65008 →, S64970 →, S64920 →, S64529 →, S62664 →) hergestellt; pikante falsche Morcheln aus Hühnerbrustfleisch (S64844 →, S63901 →, S62750 →, S62749 →); andere süße falsche Morcheln aus Rosinen und Mandeln (S63893 →) und weitere pikante falsche Morcheln aus Kalbslunge (S62910 →). Das folgende Rezept beschreibt die Zubereitung von süßen, frittierten falschen Morcheln; schon der Texteingang weist auf den Schaugerichtcharakter der Speise hin:

Wildw machen mawrochen vmb weinachten, So mach ein taig von weyssem prot vnd von wenigen eins melbs vnd slach ayr darin. vnd mach dann zwen chunchel von holcz, dy an der mit gros sein dann an den örttern, vnd wirff sy in den taig vnd zeuch sy da durch das der taig vberall daran hang, vnd wirffs dann in ain Smalcz, das nit ze hays sey. vnd wenn es ein wenig gepach, so nym es herawss vnd sneycz von einander. so sind ir zwo. vnd full es dann mit gerüerten ayrs gelb oder weys oder, wye dw wild, mit öppfel vnd honig gemengt. vnd nym dann ein linden strawben taig vnd zewch es da dwrch. vnd lass es dann pachen jn Smalcz. wildw es verchern, so mach ein gelb plat vnd secz dy mawrochen darawff vnd lass pachen.
(S64529: Heidelberg, Universitätsbibliothek, cpg 583, fol. 83r, Nr. 25)

Es ist außerdem ein Rezept für eine Sauce aus Essig und Knoblauch (S64854, S64102) überliefert, in der nicht nur Morcheln, sondern auch andere Pilze mariniert werden können. Außer Morcheln werden weitere Pilzarten zu Mus verarbeitet: Reizker (bot. Lactarius sect. Deliciosi [Fr.] Redeuilh, Verbeken & Walleyn), Champignon84 (S63926  →) oder Pfifferlinge (S64259 →). Bei letzteren wird aber nicht klar, ob damit der Echte Pfifferling oder der Langstielige Pfeffer-Milchling gemeint ist. Pfifferlinge sind auch Namensspender für ein aufwändig herzustellendes Gebäck (S65018 →, S64930 →, S62666 →, S62665 →), das in unterschiedlich ausführlichen Rezeptvarianten überliefert ist. Der nachstehende Text beschreibt den optischen Zusammenhang von Gebäck und Pilz sehr anschaulich:

Phifferling
So mach ain taig alz zw ainem haydnischen pachen vnd mach dar auz chlaine pleter alz die phifferling ains merr ains minner. Vnd wart daz sy an der mitt dikch sein vnd an den orttern dünn. Hab über ein smalcz alz zw ainem andern pachen vnd stürczz die pleter zw sam auff deynar hant alz ein chrapphen vnd stürcz sy dan zw same mit den zipphen, so hast dw ez zwir gesturczt, dar nach mach in an der mit ein stingel her auss, alz dich gnüg, vnd wirff ez dann in ein phann vnd laz ez pachen, so chrewcht // [fol. 234v] ez auss ein ander vnd gewint ain stingel alz ein phifferling. Alz ez dan gepach, so nim ez her auz vnd mach ain suppen dar an von honig, stupp saffran vnd weinper, alz vber ain anders pachen.

(S62642: Brixen, Bibliothek des Priesterseminars, Cod. I 5 [olim 125], Nr. 26)

Pilze scheinen aber, wie schon in den Kräuterbüchern – man denke dabei u. a. an die generelle Ablehnung Konrads von Megenberg, der empfiehlt, Pilze überhaupt zu meiden – sehr oft mit Argwohn betrachtet worden zu sein. So werden sie in der allgemeinen Diätetik des Meister Eberhard bewusst als Beispiel für negative humoralpathologische Eigenschaften herangezogen:

Von viererley speyß soltu nueczen oder essenn vnd du solt auch wissenn, yssest du hiczige speyß als pfefferr, czwifelnn vnd knoblauch, die verprennenn dir dein plut, auch krebs. Issestu aber dinck, die serr külenn, als lattich vnd wurczelnn vnd die dem geleich sein an kelten, die töttenn dir dein plut vnd machenn es gerynnenn. Sein aber die ding zu wesserig an in selbs, die du issest, als kurbiß, dy machenn dir faul plut in dem leib. Sein sie aber vergifftig als swamenn, so tötten sie dich, [meine Hervorhebung] machenn sie aber zu vil feuchtigkeit in dem menschenn, so wirt faul materig in im als czwifell, pfirsing vnd dem geleich.
(S65394: Augsburg, Universitätsbibliothek, Cod. III.1.2° 43, Nr. 88)

Nichtsdestotrotz waren Pilze – in Form künstlicher Schaugerichte, aber auch in Form von Pilzgerichten – Teil des kulinarischen Alltags: Der Sekretär des Patriarchen von Aquileia, Paolo Santonino, berichtet von zwei Mahlzeiten im Mai 1487: In Malhorna, einer Filialkirche von Gonobitz (ehem. Untersteiermark), erhält die Reisegesellschaft ein Gericht, das fungus domesticus beinhaltet, also künstliche Pilze,85 wenige Tage später dann ein vorzüglich zubereitetes Pilzgericht in Kerschenstätten.86

Die Kochrezepttextsammlungen der Frühen Neuzeit unterscheiden bereits viel differenzierter zwischen einzelnen Pilzarten: Marx Rumpolt nennt in seinem New Kochbuch von 1581 den Kaiserling,87 Morcheln88 und Pelzschwammen89. Frantz de Rontzier verarbeitet in seinem Kunstbuch von mancherley Essen (1594) Pfifferlinge für einen Salat90 und bringt ein Rezept „Von Kastlingen oder hoeden‟91. Im Vollständigen Nürnbergischen Kochbuch von 1691 werden Pilze noch differenzierter behandelt: Sie werden nicht nur in diversen Rezepten genannt, sondern auch in einem Kalender, der die Verfügbarkeit einzelner Zutaten auflistet. Die beliebteste Pilzgattung sind ausgehend von der Häufigkeit der Nennung mit Abstand die Morcheln,92 die als Morgeln, Maurachen, Spitz-Morgeln oder Stock-Morgeln bezeichnet werden. Es wird hier erstmals explizit zwischen Gelben93 und Weißen94 Pfifferlingen unterschieden. Außerdem werden Brätlinge (Lactarius volemus (Fr.) Fr.)95 und Trüffel96 als Zutaten aufgeführt. Die kulinarische Literatur der Renaissance zeigt, dass ausgehend von einer italienischen Modeerscheinung und vielleicht auch durch den Einfluss der Gegenreformation sich nicht nur verschiedene Gemüse, sondern auch Pilze als eine wertgeschätzte Zutat etablieren und in verschiedenen Kochbüchern genannt werden.97 So hat, um ein sehr frühes Beispiel zu bringen, Platina ein Rezept für die Zubereitung von Pilzen: Diese werden in Wein gewaschen, in heißer Asche zubereitet und nur mit Salz und Pfeffer bestreut warm nach dem Fleisch serviert.98 Das Verhältnis zu Pilzen bleibt aber bis in die Moderne zwiespältig: Einerseits werden sie als köstliche Speise geschätzt99 und der Pilzkonsum nimmt tendenziell zu,  andererseits schwingt immer die unbestimmte Furcht vor dem Verzehr giftiger Pilzarten mit.100

Mittelalter: Schöne Literatur

Die naturwissenschaftliche und medizinische Forschungsliteratur zu Pilzen im Mittelalter berücksichtigt die schöne Literatur dieser Epoche nicht, sodass sehr viele Belegstellen, die Aufschluss über Pilze aus kultur- und realhistorischer Perspektive geben könnten, in diesem Zusammenhang noch nie diskutiert worden sind. Was aus diesen Texten auf jeden Fall hervorgeht – und damit wird der Befund aus den Kochrezepttexten gestützt – ist, dass Pilze soweit fest integrierter Bestandteil eines mittelalterlichen Alltags waren, dass sie in die literarischen Texte in Form sprachlicher Stilmittel Eingang finden konnten. Dabei können zumindest drei distinktive stilistische Verwendungsweisen unterschieden werden: Pilze werden als Vergleichsobjekt herangezogen, sind im Natureingang des Minnesangs Frühlingsboten und fließen als reale Elemente aus der mittelalterlichen Alltagserfahrung in die literarischen Texte ein.

Vor allem die mittelhochdeutsche Heldenepik nutzt die weiche Konsistenz von Pilzen als Vergleichsbasis in martialischen Darstellungen, um damit die Gewaltigkeit der Schwerthiebe einzelner Figuren bildhaft zu verdeutlichen, die mühelos Rüstungen und Körper durchschlagen. Im Rolandslied und im Wolfdietrich gibt es mehrere Textstellen, die diesen Vergleich nutzen:

Im Rolandslied heißt es: ne weder schilt noch gesmide neschirmit in dem libe minere denne der swam101, im Wolfdietrich noch martialischer: daz bein sluoc er im ab reht sam ez waere ein swam102. Der Stricker nutzt diesen Vergleich im Versepos Karl (weder ringe noch die schilte half si niht mê danne ein swam103) sowie im Artusroman Daniel von dem blühenden Tal (er zerhiu sie rehte als einen swam, den lîp und swaz dâvor was.104) Wolfram von Eschenbach beschreibt mit einem ironisch-kritischen Vergleich die Kampfeskraft des Witege: daz er eines tages habe durhslagen ahtzehen tusent, als einen swamp, helme.105 In der Deutschen Chronik des Böhmerlandes (Di tutsch kronik von Behem lant) wird das Vorhaben von Erbschleichern sehr bildlich mit dem unproblematischen und ertragreichen Sammeln von Pilzen verglichen: Wir wern von im dy erb locken als dy swammen vor den stockin.106 In der Steirischen Reimchronik bestaunt König Ottokar von Böhmen das Erscheinen des umfangreichen steirischen Gefolges des Bischofs Rudolf von Salzburg und vergleicht es mit dem raschen Pilzwachstum an warmen Frühsommertagen:

der kunic sprach: „ich geloube wol,
ez sî datz Stîre hiwer
von guotes wetters stiwer
die liut her für gekrochen
mit den mourochen
und an den boumen gewahsen.‟
107

Oswald von Wolkenstein übernimmt jene Pilzarten, die schon sehr früh im Jahr wachsen, in das Repertoire der Frühlingsmetaphorik seiner Minnelyrik:

Ju heia haig,
zierlicher maig,
scheub pfifferling,
die mauroch pring!
Mensch, loub und gras,
wolf, fuxs, den has
hastu erfreut,
die welt bestreut grünlichen.
(KL 75,3,1-8)

In Oswalds Texten wird das Pilzesammeln aber oft auch unterschwellig mit erotischen Anspielungen verbunden, wachsen diese Pilze doch zwischen und hinter Gebüschen, die am Rande des geheimnisvollen Waldes zusätzlich einen willkommenen Schutz vor neugierigen Beobachtern bieten:

Hetz jagen, baissen, biersen, schiessen tauben,
vor grünem wald nach pfifferlingen klauben
mit ainer mait, beklait von ainer stauden
den lust ich breis für alle hofeweis.
(KL 21,2,5-8)

Einmal mündet die Beschreibung der frühlingshaften Gefühle sogar in einer expliziten sexuellen Aufforderung:

Die swammen stupfen, lupfen
auss der erde herde.
würmli türmli wachen, machen neuen slauch.
gauch, lock uns auch
durch die haide! raide, ir maide,
sücht der stauden winckel!
Da well wir kosen, losen
mit beslossen gossen,
warmen armen lieplich,
dieblich inn dem busch;
(KL 42, 3, 1-6)

In KL 45 leitet Oswald das Schimpflied auf Überlingen mit einem übertrieben einprägsamen Bild ein, um den Wucher zu veranschaulichen, den er 1415 auf seiner Durchreise dort vorfand:

Wer machen well sein peutel ring,
und im desselben wolgeling,
der frag den weg gen Überling,
da gelten vierzen pfifferling
fünfzen schilling
der Costnitzer geslagen;
Und sechzen haller umb ain ai,
der zwen und dreissig gelten zwai.
(KL 45,1,1-8)

Er stellt hier unter geschickter Anspielung auf den mittelalterlichen Alltag fest, dass Pfifferlinge, die ohne großen Aufwand in Wildsammlung gewonnen werden, um einen wesentlich überhöhten Preis verkauft werden.108 Pilze werden also nicht nur ideell, sondern auch wirtschaftlich gering geschätzt.109 Eine reale Naturbeobachtung fließt in die Beschreibung der Schlachtszenen auf Floristelle im ein: „der schoz, die kunden sliefen noch durkel baz dann ameiz durch die morchen.110 Die Geschoße, die hier abgefeuert werden, finden jede noch so kleine Lücke, um Schaden anzurichten, so wie Ameisen es schaffen, durch den hohlen Stiel und die Kappe der Morchel zu kriechen. Albrecht, der Dichter des Jüngeren Titurel, könnte hier ein Alltagsbild aus seinem eigenen Erfahrungsschatz in die Dichtung eingearbeitet haben.

Zusammenfassung

Das medizinische System des Mittelalters, das auf der antiken Humorallehre aufbaut, beschreibt drei Pilzarten: FUNGI, TUBERA, AGARICI. Dabei wird nur dem letztgenannten eine nennenswerte medizinische Heilwirkung zugeschrieben, die Pilze sind allerdings nahezu umfassend anzuwenden. Der historische Namen verweist nicht auf einzelne Arten, sondern bezeichnet Baumschwämme allgemein, die medizinische Literatur unterscheidet generell zwischen männlichen und weiblichen Lärchenschwämmen, nur Hildegard von Bingen zählt mehre Arten auf, die sie nach deren Habitat unterschiedet. Nur wenige der beschriebenen Pilze können mit modernen Arten identifiziert werden. Informationen über die Trüffel wurden im Mittelalter nur in den pharmazeutischen und medizinischen Texten tradiert, Berichte zur Ernte oder gar zum Verzehr dieses Pilzes in den deutschsprachigen Gebieten gibt es nicht. Die Pilze umfassen eine Reihe verschiedener Arten, unter denen die Morchel in allen wissenschaftlichen Texten als Speisepilz besonders empfohlen wird. Daneben werden namentlich noch der Fliegenpilz und der pfifferlinc erwähnt, bei letzterem handelt es sich im Hoch- und Spätmittelalter immer um den Langstieligen Pfeffer-Milchling, erst in der Frühen Neuzeit erhält auch der Echte Pfifferling diese Bezeichnung. Sofern die medizinischen Texte auktoriale Einsprengsel aufweisen, wird generell vor dem Verzehr von Pilzen gewarnt. Sieht man von dieser Warnung ab, wird das Bild, das sich aus der Lektüre der medizinischen Texte ergibt, in der Kochrezepttextliteratur widergespiegelt: Die Morchel ist mit Abstand der beliebteste Pilz, der verkocht und in der Küche sogar künstlich hergestellt wird. Die Rezepte nennen aber auch Pilzarten, die in den mittelalterlichen medizinischen Quellen nicht vorkommen, wie z. B. Reizker oder Champignon. Generell sind Pilze – die Morchel ausgenommen – aber eine Zutat, die in der herrschaftlichen Küche des Mittelalters nur marginal vorkommt. Da die vorhandenen Pilzrezepte durchwegs eine aufwändige Zubereitungsweise beschreiben, handelt es sich bei Pilzen also um Zutaten, die nur wenig verkocht wurden, und nicht um eine Zutat, die man aufgrund der einfachen Zubereitungsweise gar nicht erst in die Kochrezepttextsammlungen aufnahm.111 Die literarischen Quellen ergänzen den Eindruck, der sich aus den Sachtexten ergibt: Pilze sind dem mittelalterlichen Menschen so weit vertraut und bekannt, dass sie nicht nur als Referenz alltäglicher Eindrücke dienen, sondern sogar in stilistisch-rhetorischen Figuren eingesetzt und von Oswald von Wolkenstein in sein Repertoire frühlingshaft-sommerlicher Elemente des Natureingangs aufgenommen wurden.

 

Text als PDF (Originalfassung)

Klug, Helmut W. – Dissertation – Pflanzen in deutschsprachigen Texten des MA – Pilz-Monografie

 

Fußnoten:

  1. Vgl. Heinrich Dörfelt, Heike Heklau: Die Geschichte der Mykologie. Eine Übersicht von den Anfängen bis zur Gegenwart. Schwäbisch Gmünd: Einhorn-Verlag 1998, S. 15f.
    In der vorliegenden Arbeit werden diese Arten von Pilzen aufgrund der sehr heterogenen Überlieferungslage nicht berücksichtigt. Ausgehend von einer Sammlung der historischen Bezeichnungen müsste hier eine eigene Belegstellenrecherche erfolgen. Schimmel an Lebensmitteln und an Pflanzen sind nämlich nicht nur Inhalt der Sachliteratur wie z.B. Rezepte zur Wiederherstellung verschimmelten Weins (Wiltu eym schymmeligen win helffen – Vgl. Roswitha Ankenbrand: Das Pelzbuch des Gottfried von Franken: Untersuchungen zu den Quellen, zur Überlieferung und zur Nachfolge der mittelalterlichen Gartenliteratur. Heidelberg: Univ., Diss., 1970, S. 124, Nr. 25.), sondern fließen in metaphorischer Bedeutung vereinzelt auch in die mittelhochdeutsche Literatur ein: Swenne ir des schimeligen schatzes hüetet heißt es im Renner (V. 7612), im Zusammenhang mit der Mahnung, lieber ideelle Werte (Seele, Familie, Gesundheit) als Wertgegenstände anzuhäufen. Die Aufarbeitung der Schadpilze in historischem Kontext verlangt nach einer eigenen Forschungsarbeit.
  2. Vgl. z. B Heinrich Tiefenbach, Ulrich Willerding: Pilze. In: Germanische Altertumskunde Online. Hrsg. Heinrich Beck (u.a.) Aktualisiert 02/2013. 2014: de Gruyter, §2c.
  3. Vgl. Andrew Dalby: Food in the ancient world from A to Z. London, New York: Routledge 2003 (=Ancient world from A to Z.) S. 223.
  4. Vgl. Dörfelt; Heklau, Geschichte, S. 17.
  5. Vgl. Francis Joannes: The Social Function of Banquets in the Earliest Civilizations. In: Food. A culinary history from antiquity to the present. Hrsg. v. Jean-Louis Flandrin; Massimo Montanari. English edition by Albert Sonnenfeld. Translated by Clarissa Botsford (u. a.). New York: Columbia Univ. Press 1999. (= European perspectives.) S. 34.
  6. Die Interpretationen dieser Quelle gehen auseinander: Es wird auch oft berichtet, dass Euripides’ eigene Frau und Kinder am Genuss giftiger Pilze gestorben sind (vgl. z. B. Barceloux, Medical toxicology, Part 2, Chapter 37.)
  7. Vgl. Dörfelt; Heklau, Geschichte, S. 18.
  8. Vgl. Dalby, Food, S. 223.
  9. Theophrast, Enquiry 1, S. 12-13 (Nr. I.I.11 →), S. 36-37 (Nr. I.V.3), S. 40-41 (Nr. I.VI.6), S. 46-49 (Nr. I.VI.9).
  10. Vgl. Dörfelt; Heklau, Geschichte, S. 19.
  11. Vgl. ebda.
  12. Vgl. Dalby, Food, S. 224.
  13. Vgl. Dörfelt; Heklau, Geschichte, S. 19.
  14. Dalby, Food, S. 223 hebt ausdrücklich den zu Griechenland so unterschiedlichen Stellenwert von Pilzen in der römischen Ernährung hervor und verweist dabei auf Rezepte bei Diphilus von Siphonos (3. Jh. v. Chr.) und Apicius (vgl. unten). Den Prestigewert von Pilzen beschreibt, wenn Seneca (neben Austern) deren Genuss vermeidet, um auf Luxus zu verzichten (vgl. Dalby, Food, S. 246).
  15. Nicht nachvollziehbar ist für Dalby und Grainger, dass Gegenmittel für Pilzvergiftungen gleichzeitig auch Zutaten in Pilzgerichten sein können (vgl. Dalby, Andrew; Grainger, Sally: Küchengeheimnisse der Antike. Aus dem Engl. von Roland Vocke. Würzburg: Stürtz 1996. S. 113): Das erklärt sich aber sehr einfach aus dem prophylaktischen Bemühen, Pilze durch die Zubereitung genießbar zu machen.
  16. Vgl. Dörfelt; Heklau, Geschichte, S. 20.
  17. Das ist die an eine Eierschale errinnernde Hülle, die den Fruchtkörper bestimmter Pilzarten (u. a. Amanita caesarea (Scop.) Pers.) umgibt.
  18. Vgl. Dörfelt; Heklau, Geschichte, S. 20-22. Das erklären Dörfelt und Heklau aus der generellen Orientierung der römischen Naturwissenschaften: „Die wissenschaftliche Literatur ist in der römischen Epoche der Antike – im Vergleich mit der peripatetischen Schule der griechischen Zeit – viel stärker auf den praktischen Nutzen, auf die Brauchbarkeit, ausgerichtet. ‚Reine Wissenschaft‛ wird in dieser Zeit nicht mehr betrieben. Wir würden heute vom Aufgeben der ‚Grundlagenforschung‛ zugunsten der ‚angewandten Forschung‛ sprechen.‟ (Ebda, S. 20)
  19. Vgl. Ebda, S. 22.
  20. Die Indikationen, die bei Plinius sowie auch bei Dioskurides genannt werden, sind mit (*) gekennzeichnet. Die Rezepturen (z. B. beim Heilmittel für Epilepsie) weichen allerdings oft voneinander ab.
  21. Vgl. De re coquinaria. Über die Kochkunst. Lateinisch / Deutsch. Hrsg. v. Robert Maier. Übersetzt und kommentiert. Stuttgart: Reclam 1991. S. 250-252.
  22. Dalby und Grainger identifizieren diesen Pilz fälschlicherweise mit dem alten bot. Namen Agaricus ceasarius (=Agaricus campestris L.), der boletus der Römer bezeichnet aber Amanita caesarea (Scop.) Pers. oder eine Art von Röhrling (Boletus L.)
  23. Vgl. Dalby, Food, S. 223.
  24. Vgl. ebda S. 60.
  25. Vgl. Florence Dupont: The Grammar of Roman Dining. In: Food. A culinary history from antiquity to the present. Hrsg. v. Jean-Louis Flandrin u. Massimo Montanari. Englisch edition by Albert Sonnenfeld. Translated by Clarissa Botsford (u.a.). New York: Columbia Univ. Press 1999. (= European perspectives.) S. 121.
  26. „You have champignons, I swallow pig-mushrooms.‟ (Martial zitiert nach der englischen Übersetzung von Dalby, Food, S. 92.)
  27. Vgl. Grant, Mark: Galen on Food and Diet. London, New York: Routledge 2000. S. 151.
  28. Galen in der englischen Übersetzung zitiert nach Grant, Galen, S. 151.
  29. Vgl. Dörfelt; Heklau, Geschichte, S. 22-24.
  30. Vgl. Moritz Heyne: Fünf Bücher deutscher Hausaltertümer. Bd 2: Das deutsche Nahrungswesen von den ältesten geschichtlichen Zeiten bis zum 16. Jahrhundert. Mit 75 Abbildungen im Text. Leipzig: Hirzel 1901, S. 332.
  31. Anthimus, S. 100: Diese Form ist wohl der etymologische Ursprung des engl. ‚mushroom‛ und bezeichnet nach Grant den Wiesen-Champignon, Agaricus campestris L.
  32. Anthimus in der englischen Übersetzung zitiert nach Grant, Anthimus, S. 65, §38.
  33. Vgl. Dörfelt; Heklau, Geschichte, S. 26. Eine – nach Dalby – fantastische Geschichte über die Kultivierung von Pilzen mit Samen überliefert auch Petronius (vgl. Dalby, Food, S. 224).
  34. Dieser Absatz fasst die für mich greifbare Literatur zu diesem Abschnitt zusammen und steht als vorläufiger Platzhalter für einen von berufenerer Seite detaillierter auszuarbeiteten Text.
  35. Vgl. Peter Heine: Kulinarische Studien: Untersuchungen zur Kochkunst im arabisch-islamischen Mittelalter. Mit Rezepten. Wiesbaden: Harrassowitz 1988, S. 92.
  36. Vgl. Bernard Rosenberger: Arab Cuisine and Its Contribution to European Culture. In: Food. A culinary history from antiquity to the present. Hrsg. v. Jean-Louis Flandrin u. Massimo Montanari. English edition by Albert Sonnenfeld. Translated by Clarissa Botsford (u. a.). New York: Columbia Univ. Press 1999. (= European perspectives.) S. 218.
  37. Vgl. Nawal Nasrallah: Annals of the Caliphs’ Kitchens. Ibn Sayyar al-Warraq’s tenth-century Baghdadi cookbook. English Translation with Introduction and Glossary. Leiden: Brill 2010, S. 784.
  38. Dörfelt; Heklau, Geschichte, S. 24.
  39. Das Konzept ‚Pilz als Schadensbringer’ (FUNGUS) wird in nicht wenigen Passagen auch in den Texten der Kirchenväter verwendet: vgl. Migne, Jacques Paul: Patrologia Latina Database. CD-Rom. Version 5.0b. Cambridge: Chadwick-Healy 1996. Diese Texte wurden kursorisch mithilfe der Suchfunktion durchsucht und überblicksartig durchgesehen: Eine intensive Auswertung dieser Quellen erscheint lohnenswert, da weder Bibel noch Apokryphen Pilzreferenzen beinhalten.
  40. The Etymologies of Isidore of Seville. Translated, with introduction and notes. Hrsg. v. Stephen A. Barney (u.a.) Cambridge: Cambridge Univ. Press 2011, Buch XVII.ix.84.
  41. Vgl. Daems Willem Frans: Nomina simplicium medicinarum ex synonymariis medii aevi collecta. Semantische Untersuchungen zum Fachwortschatz hoch- und spätmittel- alterlicher Drogenkunde. Leiden: Brill 1993. (= Studies in ancient medicine. 6.) S.111f. Ihm gibt diese Glosse Rätsel auf. Seine vorsichtige Erklärung dieser Stelle mit einer Glosse aus dem Laud Herbal Glossary („AGARICUS ID EST FUNGUS ALBUS‟, ebda, S. 112) wird durch die wesentlich frühere Parallele in den Etymologien widerlegt.
  42. Erika Langbroeck: Frage des eigentlichen Lemmas. In: Mittelalterliche volkssprachige Glossen: Internationale Fachkonferenz des Zentrums für Mittelalterstudien der Otto-Friedrich-Universität Bamberg 2. bis 4. August 1999. Hrsg. v. Rolf Bergmann, Elvira Glaser u. Claudine Moulin-Fankhänel. Heidelberg: Winter 2001. (= Germanistische Bibliothek. 13.) S. 513f.
  43. Für das Altenglische dagegen sind nur drei Bezeichnungen für Pilze überliefert: Das unbestimmte swamm (→) sowie die Komposita feldswamm (→), das auf den Standort hinweist, und meteswamm (→)(Speisepilz ), dass für diese Zeit zumindest einen Pilzkonsum annehmen lässt.
  44. Vgl. dazu besonders Peter Bierbaumer: Real and Not-So-Real Plant-Names in Old English Glosses. In: From Earth to Art. The Many Aspects of the Plant-World in Anglo-Saxon England. Proceedings of the First ASPNS Symposium, University of Glasgow, 5-7 April 2000. Hrsg. v. Carole Biggam. Amsterdam – New York: Rodopi 2003. (Costerus Essays in English and American Language and Literature. N.S. 148.) S. 153-60. Eine umfassende Aufarbeitung der altenglischen Glossen findet sich in Peter Bierbaumer: Der botanische Wortschatz des Altenglischen. 3. Teil: Der botanische Wortschatz in altenglischen Glossen. Frankfurt am Main, Bern, Las Vegas: Lang 1979. (= Grazer Beiträge zur Englischen Philologie. 3.).
  45. Dörfelt und Heklau (Geschichte, S. 27-28) vermuten einen Ursprung in der mittellteinischen Küchensprache der Klöster.
  46. Vgl. Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24., durchges. u. erw. Aufl. bearb. v. Elmar Seebold. Berlin, New York: de Gruyter 2002, S. 703. Pfeifer verweist auf handschriftliche Belege aus dem 10 Jh. (Vgl. Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. Erarb. unter der Leitung von Wolfgang Pfeifer. Koblenz: Ed. Kramer 2010, S. 1011.) Einer der frühseten Belege ist eine Glosse der HS BSB Clm 18375 aus dem 9. Jh. (Vgl. Die althochdeutschen Glossen. Hrsg. v. Elias Steinmeyer u. Eduard Sievers. 5 Bde. Reprint. Hildesheim: Weidmann 1999., II,370,3-4.)
  47. Vgl. Heinrich Tiefenbach: Pilze. §1.
  48. Pfeifer (S.1254) führt das nhd. Wort ‚Schwamm‛ auf germ. *swampu- (dazu verwand z.B. ‚Sumpf‛) oder. griech. somphós (‚schwammig, locker‛) zurück, wohingegen Kluge (S. 830) aufgrund der inhaltich bzw. lautlich verwandten Wörter grich. spóngos und lat. FUNGUS die Erbworttheorie ablehnt.
  49. Bei Kluge z. B. Champignon (16. Jh.), Fliegenpilz (14. Jh.), Kaiserling (16. Jh.), Rehling (16. Jh.), Reitzker (16. Jh.), Steinpilz (18. Jh.), Täubling (17. Jh.), was sehr gut den kulturhistorischen Stellenwert von Pilzen veranschaulicht: Objekte, die nicht von besonderem Interesse sind, werden natürlich auch nicht benannt. Ahnliches bietet Pfeifer s.vv.
  50. Steinmeyer, Glossen, III,544,30.
  51. Die Glosse entstammt der HS Wien, ÖNB, Cod. Vind. 2524, fol. 10d, deren Entstehungszeit im letzten Viertel des 13. Jh. angesetzt wird, die Schreibsprache ist Mitteldeutsch (vgl. Handschriftencensus). Kluge und Pfeifer führen den neuhochdeutschen Pflanzennamen auf das mhdt. vohenfist (‚Füchsinnenfurz‛) zurück: „Später wird das außerhalb der Jägersprache nicht mehr verständliche vohen- umgedeutet; so entstehen nd. Bofist (in Anlehnung an nd. Bove ‘Bube’), das ins Hd. eindringt (17. Jh.), und Pofist (zu Po ‘Pfau’, beide auch in hd. Form Bubenfist und Pfauenfist).‟ (Pfeifer, Etymologisches Wörterbuch, s. v. Bofist.)
  52. Hans Wiswe: Kulturgeschichte der Kochkunst. Kochbücher und Rezepte aus zwei Jahrtausenden. Mit einem lexikalischen Anhang zur Fachsprache. München: Moos 1970,, Kulturgeschichte, S. 114. Inwieweit ein einzelner Quellenbeleg für eine derartige Annahme ausreichend ist, bleibt zu hinterfragen.
  53. Vgl. Heyne, Hausaltertümer, Bd 2, S. 332, der hier auch den Verweis auf Thietmar von Merseburg bringt.
  54. Vlg. Ann Hagen: A Second Handbook of Anglo-Saxon Food & Drink: Production & Distribution. Hochwold-cum-Wilton, Norfolk: Anglo-Saxon Books 1995, S. 42. Vgl. dazu die Glosse „AntK, 112,9 FUNGUS metteswam UEL TUBER‟ (DOEPN, s. v. meteswamm), der altenglische Pflanzenname bezeichnet explizit einen essbaren Pilz, ‚Speise-Pilz‛.
  55. Vgl. Antoni Riera-Melis: Society, Food, and Feudalism. In: Food. A culinary history from antiquitt to the present. Hrsg. v. Jean-Louis Flandrin; Massimo Montanari. English edition by Albert Sonnenfeld. Translated by Clarissa Botsford [u. a.
  56. Vgl. Susanne Fritsch: Das Refektorium im Jahreskreis: Norm und Praxis des Essens in Klöstern des 14. Jahrhunderts. Wien, München: Oldenbourg 2008. (= Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. 50.) S. 84. Fritsch bietet leider keine näheren Datierungsangaben, noch nennt sie ihre Quelle.
  57. Vgl. z. B. Melitta Weiss Adamson: Food in Medieval Times. Westport, Conn.: Greenwood Press 2004. (= Food through History.) S. 11. – Maria Dembinska: Food and Drink in Medieval Poland: Redis- covering a Cuisine of the Past. Translated by Magdalena Thomas. Revised and Adapted by William Woys Weaver. Philadelphia: University of Pennsylvania Press 1999, S. 132. – Bridget Ann Henisch: The medieval cook. Woodbridge: Boydell Press 2009, S. 42. – Anne Schulz: Essen und Trinken im Mittelalter (1000-1300). Literarische, kunsthistorische und archäologische Quellen. Berlin; Boston: de Gruyter 2011. (= Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. Ergänzungsbände. 74.) S. 482f. – Vgl. dazu aber die Belege unten zu den literarischen Texten des Mittel- und Frühneuhochdeutschen bzw. die Kochrezepttextüberlieferung.
  58. Zur Identifikation vgl. Dörfelt; Heklau, Geschichte, S. 28.
  59. Albertus Magnus zitiert nach Biewer: Albertus Magnus: De vegetabilibus, Buch VI, Traktat 2 lateinisch – deutsch. Hrsg. v. Klaus Biewer. Übers., und Kommentar von Klaus Biewer. Mit einem Geleitwort von Rudolf Schmitz. Stuttgart: Wissenschaftl. Verl.-Ges. 1992. (= Quellen und Studien zur Geschichte der Pharmazie. 62.) Kap. VI,343.
  60. Diese Beschreibung stellen Dörfelt und Heklau als exemplarisch für Albertus’ Verdienste um die Botanik im Mittelalter dar: „Sein Werk kann als ein Höhepunkt der Naturwissenschaft des Mittelalters angesehen werden.‟ (Dörfelt; Heklau, Geschichte, S. 29.)
  61. Albertus Magnus zitiert nach Biewer: Albertus Magnus, Kap. VI,345.
  62. Vgl. Kräuterbuch der Klosteredizin. Der ‘Macer Floridus’. Medizin des Mittelalters. Hrsg. v. Johannes Gottfried Mayer u. Konrad Goehl. Leipzig: Reprint-Verlag 2003, S. 180 (Fn. 2), S. 204 (Fn. 27) und S. 216 (Fn. 41).
  63. Martin Woidt: Das Salerner Buch des Bedarfs an einfachen Drogen nach den Handschriften in unsere heutige Muttersprache übertragen und erläutert. Berlin: Univ., Diss., 1942,  S. 17-18. Die mit (*) markierten Krankheitsbilder stimmen mit Dioskurides überein.
  64. Das widerspricht z.B. den Angaben, die Hildegard von Bingen macht.
  65. Walter L. Wardale: Der Hochdeutsche Bartholomäus. Kritisch-kommentierter Text eines mittelalterlichen Arzneibuches auf Grund der Londoner Hand- schriften Brit. Mus. Add. 16,892, Brit. Mus. Arundel 164, Brit. Mus. Add. 17,527, Brit. Mus. Add. 34,304. (Dundee): Follan 1993. Text II, S. 23.
  66. Vgl. Dörfelt; Heklau, Geschichte, S. 29-30.
  67. Hier begegnet uns der Wortlaut Alberts‛.
  68. Robert Luff, Georg Steer: Konrad von Megenberg. Das Buch der Natur. Kritischer Text nach den Handschriften. Tübingen: Niemeyer 2003. (=Texte und Textgeschichte. 54.) Kap. V.38.
  69. Ebda. Als klassisches Heilmittel wird Weingenuss (nicht Metgenuss) empfohlen. Der übermäßige Alkoholgenuss ist hier wahrscheinlich als Emetikum zu verstehen.
  70. Luff; Steer, Megenberg, Kap. V.38.
  71. Bernhard Dietrich Haage, Wolfgang Wegner: Deutsche Fachliteratur der Artes in Mittelalter und Früher Neuzeit. Unter Mitarb. v. Gundolf Keil und Helga Haage-Naber. Berlin: Schmidt 2007. (=Grundlagen der Germanistik. 43.) S. 157.
  72. Der persische Name des Gelehrten lautet Yūhannā ibn Māsawayh ibn Masawayh der Ältere.
  73. Ortus sanitatis. Jacob Meydenbach. 23 June 1491. (Cambridge University Library, Inc.3.A.1.8(37)). In: Cambridge Digital Library. (03.10.2014).
  74. Vgl. Haage; Wegner, Fachliteratur, S. 158.
  75. Die Inhalte sind für mich aufgrund eines verstärkten Einsatzes von Kürzzungszeichen teilweise schwer verständlich: Hier muss inhaltlich nachgearbeitet werden. Außerdem müssen die teilweise sehr detaillierten Referenzen zu den historischen Texten überprüft und systematisch inhaltlich ausgewertet und abgeglichen werden.
  76. Pandectae ist ein Werk des Yahya ibn Sarafyun (Johannes Serapion, Serapion d. Ä.), das auch unter den Namen al-Kunnash oder Aggregator, Breviarium, Practica bekannt ist.
  77. Vgl. Dörfelt; Heklau, Geschichte, S. 32-43.
  78. Vgl. ebda, S. 44-48.
  79. Die Pilz-Art kann nicht näher bestimmt werden; Maier spekuliert: „Evtl. sind Pfifferlinge oder aber Steinpilze oder eine andere Röhrlingsart gemeint.‟ (Liber de coquina. Das Buch der guten Küche. Hrsg. v. Robert Maier. Frankfurt am Main: Friedrich 2005. S. 143, Fn. 96.)
  80. Vgl. Rafael Chabrán: Medieval Spain. In: Regional Cuisines of Medieval Europe: A Book of Essays. Hrsg. v. Melitta Weiss Adamson. New York, London: Routledge 2002. (= Routledge medieval casebooks.) S. 138-139. Eine bestimmte Pilz-Art kann nicht bestimmt werden.
  81. Vgl. The Forme of Cury. A Roll of Ancient English Cookery. Hrsg. v. Samuel Pegge. London: Nichols 1780. Nr. X. Eine bestimmte Pilz-Art kann nicht bestimmt werden.
  82. Vgl. The good wife’s guide. Le ménagier de Paris. A medieval household book. Hrsg. v. Gina L. Greco u. Christine M. Rose. Übersetzung und kritische Einleitung. Ithaca: Cornell University Press 200, S. 300. Die Pilze werden so beschrieben: „Mushrooms one night old are the best. They are little and red inside, closed at the top.‟
  83. Der frühmittelhochdeutsche Pflanzenname morche kann nicht nur die Morchel bezeichnen, sondern auch die Karotte, daher scheint eine eindeutige Zuordnung nicht möglich. Da aber die beschriebenen Zubereitungsarten der anderen Rezepte (z. B. Füllen des hohlen Pilzes, Herstellen der falschen Morcheln), die diese Vokabel verwenden, ohne Zweifel auf die Morchel schließen lassen, ist für mich eine Identifikation der Zutat morche mit der Morchel in der Kochrezepttextliteratur ohne Zweifel gesichert.
  84. Der fnhd. Name des Pilzes ist rötling. Dörfelt und Heklau (Geschichte, S. 41) identifizieren diesen Namen mit Agaricus arvensis Schaeff., Weißer Anis-Champignon und andere Champignon-Arten.
  85. 28.05.1487: „Zehntens gab es Pfannkuchen mit Salbei und mehrere Pilze, die man beim ersten Anblick für echte Waldschwämme hatte halten können, aber sie haben sich bald als hausgemacht erwiesen und waren von bestem Geschmacke. Von ihnen ist keiner übriggeblieben, der den anderen die unheilvolle Aufnahme hätte melden können.“ (Rudolf Egger,: Die Reisetagebücher des Paolo Santonino. Übersetzung aus dem Lateinischen. Klagenfurt: Kleinmeyer 1947, S. 171.)
  86. 30.05.1487: „Die erprobten Hausfrauen haben drei Gänge aus Burg Gonobitz herbeigebracht. Der erste davon war vorzügliche Forellen, der zweite bestand aus herrlichen und wohlschmeckenden Pilzen, der dritte aus flachen, zarten und nicht scharf gewürzten, sondern mit Honig bestrichenen Pfannkuchen.“ (Ebda, S. 174.)
  87. Vgl. Marx Rumpolt: Ein new Kochbuch. Mit einem Nachwort von Manfred Lemmer. Nachdr. d. Ausg. Frankfurt am Main 1581. Hildesheim, New York: Olms 1976. (= Tafelfreuden vergangener Zeiten.) fol. 149v, Nr. 119.
  88. Vgl. ebda, fol. 150v, Nr. 136-140.
  89. Vgl. ebda, fol. 153r, Nr. 164. Diese Art ist nicht identifiziert.
  90. Vgl. Frantz de Rontzier: Kunstbuch von mancherley Essen: gesotten, gebraten, Posteten, von Hirschen, Vogelen, Wildtprat und andern Schawessen, so auff fuerstlichen und andern Pancketen zuzurichten gehoerich. Neudr. d. Ausg. Wolfenbüttel 1598. München: Heimeran 1979, S. 239. Ob hier der Langstielige Pfeffer-Milchling gemeint ist oder bereits der Echte Pfifferling, kann nicht entschieden werden.
  91. Vgl. ebda, S. 514. Das ist wohl eine korrupte Form des Namens ‚Kaiserling‛, der mit geschlossener Volva sehr leicht an Hoden erinnern kann.
  92. Vgl. Vollständiges Nürnbergisches Koch-Buch. Neudruck der Ausgabe Nürnberg 1691. Mit einem Nachwort von Ingeborg Spriewald. 2. Aufl. Leipzig: Edition Leipzig 1986, S. 31 (Nr. 77), S. 237 (Nr. 44), S. 239 (Nr. 47), S. 242 (Nr. 51), S. 507 (Nr. 33: Das ist ein Rezept, das beschreibt, wie man aus Lunge pikante, falsche Morcheln macht.), S. 586-589 (Nr. 199-203), S. 951 (Kalendereintrag März), S. 953 (Kalendereintrag April), S. 955 (Kalendereintrag Mai).
  93. Vgl. ebda, S. 591 (Nr. 208), S. 957 (Kalendereintrag Juni), S. 959 (Kalendereintrag Juli).
  94. Vgl. ebda, S. 591 (Nr. 207), S. 957 (Kalendereintrag Juni), S. 959 (Kalendereintrag Juli).
  95. Vgl. ebda, S. 589-591 (Nr. 204-206), S. 957 (Kalendereintrag Juni), S. 959 (Kalendereintrag Juli).
  96. Vgl. ebda, S. 944 (ohne Nr.).
  97. Vgl. Jean-Louis Flandrin: Introduction: The Early Modern Period. In: Food. A culinary history from antiquity to the present. Hrsg. v. Jean-Louis Flandrin u. Massimo Montanari. English edition by Albert Sonnenfeld. Translated by Clarissa Botsford (u. a.). New York: Columbia Univ. Press 1999. (= European perspectives.)  S. 361.
  98. Vgl. Wiswe, Kulturgeschichte, S. 114.
  99. Flandrin fasst das so zusammen: „And the early seventeenth century saw a vogue for truffles, morels, agaric, and other mushrooms – wild as well as cultivated – which had once been disdained by laymen and experts alike.‟ (Flandrin, Early Modern Period, S. 361.)
  100. Vgl. Cathy Kaufman: The Taming of the ‘Shroom. In: Wild Food. Proceedings of the Oxford Symposium on Food and Cookery 2004. Hrsg. v. Richard Hosking. Oxford: Prospect Books 2006, S. 156-67, die das für England und Amerika feststellt.
  101. Das Rolandslied des Pfaffen Konrad. Hrsg. v. Carl Wesle. 3., durchgesehene Auflage besorgt von Peter Wapnewski. Tübingen: Niemeyer 1985. (= ATB. 69.) V. 4467-4469.
  102. Amelung, Arthur; Jänicke, Oskar: Ortnit und die Wolfdietriche. Berlin: Weidmann 1871. (= Deutsches Heldenbuch. 3.) St. 501,3f.
  103. Der Stricker: Karl der Große. Hrsg. v. Karl Bartsch. Leipzig: Basse 1857. (= Bibliothek der gesamten deutschen Nationalliteratur 35.) V. 5494f.
  104. Der Stricker: Daniel von dem Blühenden Tal. Hrsg. v. Michael Resler. Tübingen: Niemeyer 1983. (= Altdeutsche Textbibliothek. 92.) V. 3370f.
  105. Wolfram von Eschenbach: Willehalm. Hrsg. v. Werner Schröder. Nach der gesamten Überlieferung kritisch hrsg. v. Werner Schröder. Berlin, New York: de Gruyter 1978. St. 568, 23-26.
  106. Di tutsch kronik von Behem lant. Die gereimte deutsche Übersetzung der alttschechischen Dalimil- Chronik. Rýmovaný německý překlad staročeské Dalimilovy kroniky. Hrsg. v. Vlastimil Brom. Brno: Masarykova univerzita 2009. St. 56, 35f.
  107. Ottokars Österreichische Reimchronik. Hrsg. v. Josef Seemüller. Nach den Abschriften Franz Lichtensteins. Unveränderter Nachdruck der 1890-1893 bei der Hahnschen Buchhandlung, Hannover, erschienenen Ausgabe. München: Monumenta Germaniae Historica 1980. (=MGH. Deutsche Chroniken. 5,1 u. 5,2.), V. 14608-14613.
  108. Wie derartiges im mittelalterlichen Alltag funktioniert haben könnte, lässt in aberwitzigster Weise der Pilzschwank Neidharts erkennen: Pilze aus Wildsammlung werden, um das Einkommen aufzubessern, an zentralen Punkten eines Ortes verkauft. Für den Protagonisten des Textes läuft das Vorhaben allerdings nicht prototypisch ab. (Vgl. Salzburger Neidhart-Edition. Hrsg. v. Ulrich Müller, Ingrid Bennewitz, Franz Viktor Spechtler. Unter Mitarbeit von Annemarie Eder (u.a.). Endredaktion: Rith Weichselbaumer. Bd. 2: Neidhart-Lieder der Papier-Handschriften mit ihrer Parallelüberlieferung. Berlin (u.a.): de Gruyter 2007.  S. 281-287).
  109. Das lässt auch die Redewendung ‚keinen Pfifferling wert sein‛ erkennen, die auf das oft massenhafte Vorkommen dieser Pilze anspielt: Das gilt sowohl für den langstieligen Pfeffer-Milchling wie auch für den Echten Pfifferling. Die Vermutung, die im Online-Lexikon Wikipedia geäußert wird, dass diese Redewendung auf die süddeutsche mundartliche Bezeichnung des Fünf-Pfennig-Stückes zurückgeht (Wikipedia. Die freie Enzyklopädie. (14.11.2014) s. v. Echter Pfifferling.), widerlegen die einschlägigen Wörterbücher eindeutig: Grimm, Jakob und Wilhelm: Deutsches Wörterbuch. Zuletzt geändert 1998-2014. (14.11.2014) s. v. Pfifferling. – Röhrich, Lutz: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten. Digitalisat der fünfbändigen Neuausgabe, Freiburg i. Br., Herder, 1991. Berlin: Directmedia 2000. (= Digitale Bibliothek. 42.) s. v. Pfifferling. – Kluge, s. v. Pfifferling. – Pfeiffer, s. v. Pfifferling.
  110. Albrechts von Scharfenberg Jüngerer Titurel. Bd. II (Strophe 1958-4394). Nach den ältesten und besten Handschriften hrsg. v. Werner Wolf. Berlin: Akademie-Verl. 1968, St. 4172,2.
  111. Unter einfache Zubereitungen fallen z. B. alle möglichen Zubereitungsarten schöner frischer oder gepökelter und geräucherter Fleischstücke (z. B. Karree, Sulter, Schinken), deren Zubereitung eben nicht explizit verzeichnet ist.

2 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Kleine Ergänzung: Marx Rumpolt hat auch Rezepte für Pfifferlinge und Stockschwämme (Hallimasch) und Weiß bitter Schwammen (Pfeffermischling) sowie Weiß Schwammen, die auf der Heide wachsen (Champignons?). Seine Peltzschwämme werden oft als Steinpilze angesehne (dazu passt ein altes böhmisch Rezept mit sauren Steinpilzen).

    Christian Volbracht, Hamburg

    Antworten

Hinterlasse einen Kommentar zu Christian Volbracht Antworten abbrechen

Pflichtfelder sind mit * markiert.


 

Zitierempfehlung:
Pilze (ID: 200507). In: Portal der Pflanzen des Mittelalters / Medieval Plant Survey. Redaktion: Helmut W. Klug. Technische Leitung: Roman Weinberger. 2009-2024. Url: http://medieval-plants.org/mps-daten/monography/pilze/ (25.04.2024).